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Bilanzpolitische Maßnahmen für Klein- und Mittelbetriebe

Juli 2005
Kategorien: Management-Info
Bilanzpolitische Maßnahmen für Klein- und Mittelbetriebe

In den letzten Jahren ist zunehmend der Trend zu beobachten, dass der handelsrechtliche Jahresabschluss als Kommunikations- und Argumentationsinstrument des Unternehmers eingesetzt wird. Die Aussagekraft und Wirkung der Bilanz wird dabei erheblich von bilanzpolitischen Maßnahmen beeinflusst. Der gezielte Einsatz von (legalen) bilanzpolitischen Maßnahmen sollte daher für jeden Unternehmer - und nicht nur für Großkonzerne - ein wichtiges Instrument der Unternehmenssteuerung sein. Der vorliegende Beitrag gibt daher einen Überblick über die vom HGB gedeckten bilanzpolitischen Maßnahmen.

Die Anlässe für eine gezielte Bilanzpolitik sind vielfältig:

:: Steuerpolitik: Da der handelsrechtliche Abschluss grundsätzlich auch für die Steuerermittlung maßgeblich ist, kann ein niedriger Gewinnausweis angestrebt werden um Steuern zu sparen.
:: Finanzierungspolitik: In Hinblick auf Finanzierungsgespräche mit Banken (Stichwort: "Basel II") kann der Ausweis eines möglichst positiven Bilanzbildes (zB niedriges Fremdkapital, hoher Gewinn) das Ziel sein.
:: Ausschüttungspolitik: Um das Ausschüttungspotential zu erhöhen, kann handelsrechtliche Gewinnmaximierung angepeilt werden.
:: Entlohnung Management: Die Entlohnung des Management kann an Gewinngrößen (EGT, Jahresüberschuss etc) gebunden sein; das Management hat daher Interesse an einem möglichst hohen Gewinn.

Je nach Zielsetzung stehen einem Unternehmen nach HGB unterschiedliche bilanzpolitische Maßnahmen zur Verfügung. Hinzuweisen ist jedoch in diesem Zusammenhang auf den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit, demzufolge nicht unbegründet von den einmal gewählten Bewertungs- und Bilanzierungsgrundsätzen abgegangen werden darf. Der Einsatz bilanzpolitischer Maßnahmen sollte daher auch langfristige Überlegungen beinhalten.

Den Ausweis eines möglichst hohen Gewinns erreicht man zB durch:

  • Aktivierung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse zu Vollkosten (inklusive Fertigungs- und Materialgemeinkosten, Zinsen) anstelle von Teilkosten (nur Einzelkosten);
  • Ausübung von Zuschreibungs- und Aktivierungswahlrechten (zB Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwand, Firmenwert, Disagio, aktive latente Steuern);
  • Verzicht auf Ansatzwahlrechte bei Aufwandsrückstellungen;
  • Verzicht auf die Möglichkeit, geringwertige Wirtschaftsgüter (Anschaffungskosten unter EUR 400,--) sofort abzuschreiben;
  • Bewertung nach dem gemilderten Niederstwertprinzip bei Finanzanlagen (keine Abschreibung bei nur voraussichtlich vorübergehender Wertminderung);
  • Aufdeckung von stillen Reserven durch gezieltes Sale- and lease-back;
  • Auflösung von Rücklagen (freie Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen).

Will man hingegen einen möglichst niedrigen Gewinn ausweisen, bieten sich im Gegensatz zu oben folgende Maßnahmen an:

  • Ausnützung von Bewertungs- und Schätzungsspielräumen
    zB bei der Bewertung von Beteiligungen (außerplanmäßige Abschreibung, wenn ja, in welcher Höhe?);
  • Höhe der zu bildenden Wertberichtigungen von Forderungen;
  • Höhe der zu bildenden Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften;
  • Ermittlung der Nutzungsdauern für Anlagen;
  • Abzinsung langfristiger Forderungen (sofern nicht ohnehin zwingend notwendig);
  • Verminderung der Zinssätze bei der finanzmathematischen Ermittlung von Rückstellung (ein niedriger Zinssatz führt rechentechnisch zu höheren Rückstellungen);
  • Verzicht auf Aktivierungswahlrechte (siehe oben).

Verfolgt man das Ziel ein möglichst niedriges Fremdkapital aufzuweisen, da eine höhere Eigenkapitalquote normalerweise günstigere Finanzierungskonditionen mit sich bringt, so könnten folgende Sachverhaltsgestaltungen ausgeübt werden:

  • Leasing von Anlagen anstatt Kreditkauf
  • Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital. Dies kostet bei Kapitalgesellschaften jedoch 1% Gesellschaftsteuer
  • Ausnützung von Bewertungs- und Ermessensspielräumen bei der Rückstellungsermittlung (Zinssatz, Abzinsung langfristiger Rückstellungsverpflichtungen etc).

Die im Rahmen dieses Beitrages beschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten sind selbstverständlich nicht abschließend aufgezählt und sollen Ihnen einen Überblick über wesentliche Bilanzierungsspielräume geben.

Da der Umfang und die Einsatzmöglichkeiten von bilanzpolitischen Maßnahmen branchen- und unternehmensabhängig sind, empfiehlt es sich, eine maßgeschneiderte Bilanzierungsstrategie gemeinsam mit Ihrem Wirtschaftstreuhänder zu erarbeiten.

Bild: © Anna Blau - BMF