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Derivative Wertpapiere: Zertifikate
"Zertifikate zählen zu den derivativen Wertpapieren. Ihr Marktwert leitet sich von den jeweiligen zugrunde liegenden Basiswerten ("Underlying") ab (siehe Management-Info Ausgabe 8)."
Als Basiswerte kommen dabei praktisch alle denkbaren Anlageformen in Betracht. Zertifikate können sich auf einzelne oder mehrere Aktien, Indizes, Anleihen, Zinsen etc. sowie eine Kombination dieser beziehen. Sie lassen sich wohl am besten als Mischung zwischen klassischen Wertpapieren und Optionsscheinen beschreiben. Rechtlich gesehen handelt es sich dabei jedoch um Wertpapiere in der Rechtsform von Anleihen oder Schuldverschreibungen. Das Risiko eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals mangels Zahlungsfähigkeit des Emittenten ist vorhanden.
Zertifikate werden sehr individuell ausgestaltet, nachfolgende Übersicht soll einen Überblick über wichtige Ausgestaltungsformen geben:
Index-Zertifikate
Sie haben als Basiswert einen Wertpapier- oder auch Rohstoffindex. Die Laufzeit ist bei diesen Zertifikaten meist unbegrenzt. Der Wert hängt direkt von der Entwicklung des Index unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses ab. Bei Leitindizes ist dies meist 1:100. Beträgt also beispielsweise der ATX (Wiener Börse) 3.700 so liegt der Kurs des Zertifikates bei € 37,-. Das Risikoprofil des Zertifikates entspricht dem des zugrunde liegenden Indizes. Die Gewinnmöglichkeiten beschränken sich auf steigende Kurse.
Basket-Zertifikate
Basket-Zertifikate ähneln den Index-Zertifikaten. Der Unterschied besteht im wesentlichen darin, dass nicht ganze Indizes sondern ein Korb ausgewählter Wertpapiere als Basiswert herangezogen werden. Diese können zB nach Branchen oder Marktsegmenten zusammengestellt werden und grenzen sich von Fonds durch ihre fixe Zusammensetzung und damit einhergehend niedrigeren Managementgebühren ab.
Discount-Zertifikate
Discount-Zertifikate ermöglichen eine Risikobegrenzung, im Gegenzug dafür allerdings auch ein eingeschränktes Gewinnpotential. Ein Discount-Zertifikat erlaubt die Investition in einen Basiswert (meist eine Aktie) mit einem gewissen Abschlag (Discount). Am Ende der festgesetzten Laufzeit entspricht der Wert des Zertifikates dem der Aktie, allerdings mit der Einschränkung auf einen vorher bestimmten Höchstwert - dem "Cap". Der Vorteil von Discount-Zertifikaten liegt also darin, dass sich selbst bei stagnierenden Aktienkursen Gewinne erzielen lassen. Anleger, die in Discount-Zertifikate investieren, erwarten daher stagnierende oder nur moderat ansteigende Kurse. Darüber hinaus ist ein Risikopuffer in Höhe der Differenz zw. Aktienkurs und Zertifikatpreis gegeben.
Ein einfaches Beispiel macht dies deutlich:
Ein Zertifikat zu einer Aktie mit einem Kurs von € 100,- kostet € 90,- und hat einen Cap von € 110,-. Solange der Kurs der Aktie am Laufzeitende nicht unter € 90,- sinkt, ergibt sich ein Gewinn. Auf der anderen Seite ist das Zertifikat allerdings auch nur vorteilhaft solange der Aktienkurs nicht deutlich über € 110,- steigt, da dann der Kauf der Aktie rentabler gewesen wäre.
Bonus-Zertifikate
Sie eignen sich vor allem für sich seitwärtsbewegende oder auch leicht fallende Kurse der Basiswerte, wobei jedoch auch steigende Kurse voll abgebildet werden. Diese Zertifikate besitzen zwei Grenzwerte: die Bonusgrenze und die Kursgrenze (auch Barriere oder Sicherheitslevel genannt). Während die Bonusgrenze über dem aktuellen Kurswert der zugrundeliegenden Aktie angesiedelt ist, liegt die Kursgrenze deutlich darunter. Bewegt sich nun der Aktienkurs während der gesamten Laufzeit innerhalb dieser beiden Grenzen, bekommt der Anleger am Ende eine Auszahlung in Höhe der Bonusgrenze. Überschreitet der Aktienkurs die Bonusgrenze, dann erhält der Anleger am Laufzeitende den Aktienkurs ausbezahlt. Gleiches gilt, sollte der Kurs der Aktie während der Laufzeit die Kursgrenze unterschreiten. Daraus ergibt sich, dass diese Zertifikate den zugrundeliegenden Aktien in vielen Szenarien überlegen sind: Fällt der Aktienkurs stark (unter das Sicherheitslevel) so ist der Anleger nicht schlechter gestellt, als hätte er direkt die Aktie erworben; steigt der Kurs stark an, so profitiert der Anleger in gleichem Ausmass gegenüber dem Direktinvestment; bei stagnierendem oder leicht steigendem Akienkurs ist die Rendite des Zertifikats deutlich höher.
Selbstverständlich hat auch diese Konstruktion seinen Preis: Die Bonuszahlung wird vom Emittenten durch den Kauf von Optionen abgesichert, die idR durch die Dividendenausschüttungen der Basisaktie finanziert werden. Der Anleger verzichtet also beim Kauf des Zertifikates im Gegensatz zur Aktie auf diese jährliche Performance.
Fazit
Im Rahmen dieses Beitrags wurden lediglich einige wichtige Formen dargestellt, es existieren noch eine Reihe weiterer Zertifikate, wie Garantie- Airbag- oder Express-Zertifikate. Mit Ausnahme der Hebel- Turbo- oder Knockout-Zertifikate (diese werden in der nächsten Ausgabe dargestellt), die aufgrund des hohen Risikoprofils nur erfahrenen Anlegern zu empfehlen sind, eignen sich die meisten Zertifikate auch zur Ergänzung des Portfolio von Privatanlegern. Während beim Kauf von Aktien nur auf steigende Kurse gesetzt werden kann, gibt es geeignete Zertifikate für jede erwartete Marktstimmung; auch bei steigenden Aktienkursen können Zertifikate dem Investment in den Basiswert gegenüber überlegen sein. Jedenfalls ist es selbstverständlich unabdingbar sich detailliert mit den einzelnen Zertifikaten und deren konkreten Konditionen auseinanderzusetzen. Dies nicht zuletzt deswegen, weil die Emittenten diese Wertpapiere sehr individuell konstruieren.
Bild: © a_korn - Fotolia
© Hason & Scherz Steuerberatungsgesellschaft mbH | Klienten-Info